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Drum prüfe, wer sich länger bindet

Der richtige Trainingsstall: Wer die Wahl hat, hat die Qual

Erschienen in Bayerns Pferde (03/2010)

Harte, teilweise auch falsche Ausbildungsmethoden und Reitweisen einerseits und locker durchschwingende, zufriedene Pferde andererseits sind in nahezu jedem Reitstall an der Tagesordnung. Sicherlich möchte jeder nur das Beste für sein Tier – aber wir findet man den optimalen Ausbilder für sein Pferd? Erste Reiterpflicht ist in diesem Zusammenhang, den Trainingsstall bzw. seine Bereiter sehr kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Freizeitreiter ebenso wie ambitionierte Turnierreiter wünschen sich mit ihren vierbeinigen Partnern eine harmonische Zusammenarbeit. Oftmals kommt aber der Reiter mit der Ausbildung seines Pferdes selbst nicht so weit wie er gerne möchte und bedarf daher professioneller Hilfe. Und da beginnt in vielen Fällen das Dilemma: Wem vertraut man sich zusammen mit seinem Pferd an?

Holzauge sei wachsam!

Wer sich nun zum Beritt in seinem eigenen (Pensions-)Stall oder auch in einem externen Trainingsstall entschlossen hat, muss jetzt „nur“ noch einen geeigneten Ausbilder bzw. Betrieb finden. Bei der „Fremdvergabe“ ist bedenken, dass das Pferd einige Wochen oder gar Monate komplett bei Menschen verbringt, die es prägen und nachhaltig beeinflussen können. Oft hat man in diesem Fall auch nicht die Möglichkeit, jedes Mal dorthin zu fahren und das Training anzusehen.

Etwas einfacher erscheint es, mit einem Reitlehrer oder Bereiter im eigenen Stall zusammen zu arbeiten: Hier bleibt das Pferd in seiner Umgebung, seine Vertrauenspersonen bereiten es oft selbst für den Beritt vor und beobachten die Ausbildungsstunde. Eventuelle Fehlentwicklungen sind hier unmittelbarer zu entdecken.

In jedem Fall muss der Pferdebesitzer vor der Suche aber die eigenen Anforderungen und Vorstellungen exakt definieren. Hierbei kann eine Checkliste hilfreich sein, um nach entsprechenden Recherchen gut Vergleiche anstellen und Vor- und Nachteile herausfinden zu können. Die wichtigste Frage ist sicher: Was soll das Pferd lernen, welches Ergebnis wird angestrebt?

Welcher Trainer für welches Pferd?

Dem zukünftigen Trainer hilft es, wenn die Erwartungen so konkret wie möglich formuliert werden. Denn nur dann kann er bereits im Vorfeld sagen, ob er die Ziele überhaupt erreichen kann. Es ist nämlich zu bedenken, dass sich nicht jeder Ausbilder für jedes Pferd eignet. Es gibt solche, die zwar einem gut gerittenen Pferd noch weitere Feinheiten beibringen können, aber weder Lust noch Geduld haben, sich mit dem Anreiten einer Remonte zu beschäftigen.

Dass ein Barockreiter nicht unbedingt der ideale Springausbilder ist, versteht sich von selbst. Umgekehrt kann aber ein junges Quarter Horse durchaus von einem fähigen Jungpferdeausbilder die ersten „Gehversuche“ erlernen, egal, ob dieser nun in einem fortgeschrittenen Stadium Dressur oder Springen unterrichtet.

Dasselbe gilt im Übrigen für den Reiter: Obwohl der Trainer grundsätzlich nie „zu gut“ sein kann, wird ein Anfänger nicht die Feinheiten eines Championatsreiters erlernen müssen, wenn es zunächst einmal darum geht, gerade und ausbalanciert auf dem Pferd sitzen zu lernen.

Wichtig ist es in jedem Fall, sich über Ausbildung und Qualifikation des Trainers genau zu informieren. In renommierten Ställen sprechen die Turniererfolge zwar oft für sich. Dabei ist aber zu bedenken, dass dies keineswegs eine Garantie dafür ist, dass das Pferd hier in den richtigen Händen ist. Gerade die „Großen“ in der Branche stehen oft unter einem enormen Erfolgsdruck, sie haben einen Ruf zu verlieren und können es sich kaum erlauben, Pferde ins Training zu nehmen, von denen sie nicht überzeugt sind. Wenn das Pferd also nicht wirklich ein „Crack“ ist und der Kunde nicht den Ehrgeiz hat, mit ihm das nächste Turnier zu gewinnen, ist das Pferd vielleicht bei einem etwas weniger bekannten Trainer besser aufgehoben.

Ein gewissenhafter Ausbilder wird ohnehin seinerseits Informationen erfragen wie zum Beispiel Alter, Entwicklung, Ausbildung und Abstammung oder das reiterliche Niveau des Besitzers und seine Ziele. Möglicherweise wird er es daraufhin sogar ablehnen, das Pferd ins Training zu nehmen, weil es nicht seinen Vorstellungen entspricht. Das ist nur fair und kann letztlich viel Zeit, Geld und Ärger ersparen.

Time is Money

Sinnvoll ist es zu erfragen, wie viel Zeit der Trainer voraussichtlich brauchen wird, um das gewünschte Ausbildungsziel zu erreichen. Zwar dürfte der Faktor Zeit eigentlich keine Rolle spielen, weil jedes Pferd unterschiedlich lange braucht, um bestimmte Dinge zu lernen. Aber jeder Tag, den das Pferd länger im Trainingsstall steht, erhöht die Kosten. Ein erfahrener Ausbilder kann Durchschnittswerte nennen, an denen sich die Kunden orientieren können.

Äußerst skeptisch sollte man werden, wenn überraschend kurze Trainingszeiten angeboten werden. Wohin eine solche „Crash-Ausbildungen“ führen können, sieht man immer wieder am traurigen Beispiel einiger Turnier- oder Auktionspferde, die innerhalb kürzester Zeit zum Erfolg gebracht werden, eine Saison lang „funktionieren“ und dann plötzlich die Arbeit verweigern, weil sie entweder mental oder physisch am Ende sind. Leistung und Erfolg können nur von Dauer sein, wenn sie durch gewissenhafte und solide Basisarbeit erreicht werden, und die kostet nun einmal Zeit und entsprechend Geld.

Auch der Kunde sollte dabei so fair sein, den Ausbildungsstand und das Potenzial seines Pferdes objektiv und realistisch einzuschätzen und zu schildern, denn ein Trainer kann seiner Aufgabe nicht gerecht werden, wenn er einem angeblich gut gerittenen Pferd nur noch den letzten Schliff verpassen soll, während des Trainings aber feststellen muss, dass es an der Basisarbeit hapert. Unzufriedenheit auf beiden Seiten ist dann vorprogrammiert und das Pferd wird womöglich völlig überfordert, was ihm mehr schaden als nützen kann.

Auch sollte der Trainer rechtzeitig Bescheid sagen, wenn er während der Arbeit merkt, dass ein Pferd das geforderte Ziel nicht in der geplanten Zeit nicht erreichen kann. In einem solchen Fall kann man die Ausbildungszeit verlängern oder aber das Training ganz abbrechen.

Trainingsmethoden

Weiterhin stellt sich die Frage nach den Trainingsmethoden bzw. dem Ausbildungsprogramm. In der Dressur arbeiten zum Beispiel viele Trainer grundsätzlich mit Schlaufzügeln – oft mit dem Ergebnis, dass der Besitzer das so ausgebildete Pferd nicht nachreiten kann. Dasselbe gilt für das jetzt wieder in die Diskussion geratene „Rollkur“ oder „Hyperflexion“. Wer Wert auf ein ausgeglichenes und gelassenes Pferd legt (und wer tut das eigentlich nicht?), sollte mit dem Ausbilder vereinbaren, mit dem Pferd auf jeden Fall regelmäßig auszureiten. Gerade für junge Pferde ist dies überaus wichtig, weil draußen ohne Anlehnung schneller ins Gleichgewicht kommen. Zudem nehmen sie die neuen Eindrücke dankbar als Abwechslung zum Reitplatz an und bleiben so besser motiviert.

In jedem Fall muss man sich die Vorgehensweise erklären lassen, besser noch nachfragen, ob man, bevor man sein Pferd bringt, beim Training anderer Pferde zusehen darf. Eigentlich sollte dies ein fairer Trainer sogar von sich aus anbieten, weil nur die ganzheitliche Betrachtung der Kombination Pferd und Reiter als Team dauerhaft zum Erfolg führen kann.

Auch nützt es letztlich wenig, wenn zwar der Trainer das Pferd reiten kann, der Kunde selbst aber versagt. Wichtig ist daher, dass Pferd und Besitzer im Rahmen des Trainings – oder zumindest am Schluss – gut mit einander harmonieren. Dafür sollte ein gewissenhafter Ausbilder sich durchaus einmal ansehen, wie der Pferdebesitzer selbst reitet. Das mag ihm dabei helfen zu beurteilen, wie er das Pferd ausbilden soll. Anschließend sind unter Umständen ein paar Reitstunden hilfreich, um dem Besitzer Tipps zu geben, falls das Pferd zum Beispiel im Training sensibler geworden ist und nun feiner reagiert. Sollte der Trainer solche Wünsche ablehnen, ist er von der Liste zu streichen.

Wichtig ist auch zu erfahren, wer in einem größeren Stall das Pferd eigentlich ausbildet. In manchen Betrieben kümmert sich der Cheftrainer während der gesamten Zeit persönlich darum, es kann aber auch sein, dass er bestimmte Arbeiten einem Angestellten überträgt. Das muss nicht schlecht sein, in diesem Fall sollte aber die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter ebenfalls außer Frage stehen. In vielen Ausbildungsbetrieben gibt es überdies Ausbildungsverträge oder wenigstens einen Anmeldungsbogen, der die wesentlichen Punkte schriftlich fixiert.

Äußere Gegebenheiten

Die wichtigste Frage neben der Ausbildung selbst ist die der Unterbringung des Pferdes, die man am besten vor Ort besichtigt. Das Pferd soll im Trainingsstall etwas lernen, das setzt Leistungsbereitschaft voraus, die sehr stark von seinem physischen und psychischen Wohlbefinden abhängig ist. Idealerweise wird es also gleiche oder ähnliche Bedingungen wie zu Hause haben wie etwa Außenbox, Paddock oder auch Weidegang. Speziell letzter ist natürlich wegen des Verletzungsrisikos nicht ohne weiteres möglich, wenn nicht ausreichend unterteilte Flächen zur Verfügung stehen.

In diesem Zusammenhang ist die Haftungsfrage zu klären, falls trotz aller Vorsichtsmaßnahmen etwas passiert. Sehr wichtig ist auch die Fütterung, die individuell auf das Pferd abzustimmen ist. Eine zu plötzliche Futterumstellung kann den Organismus erheblich belasten und gesundheitliche Probleme verursachen. Vielleicht ist es daher notwendig, für die ersten Tage Futter von zu Hause mitzubringen. Auch die Möglichkeit einer Zusatzfütterung muss gewährleistet sein, wenn das Pferd regelmäßig Medikamente oder Mineralfutter bekommt.

Die Ausstattung der Trainingsanlage kann sehr unterschiedlich sein und sagt alleine noch nichts über die Qualität aus. So gibt es nicht überall eine Reithalle, einen Longierzirkel oder Round Pen oder gar eine Führanlage. Wichtig ist nur, dass die grundsätzlichen Trainingsvoraussetzungen gegeben sind und die Anlage insgesamt einen gut organisierten und gepflegten Eindruck macht.

Alarmzeichen

Betritt man einen Trainingsstall und nimmt als erstes dicke Luft bzw. Ammoniakgeruch wahr, sollte man sein Pferd dort besser nicht hinbringen. Auch Raucher im Stall sind ein Alarmzeichen, ebenso wie überall herumliegende Arbeitsgeräte wie Besen, Mistgabeln oder offene Futterwagen. Zu beachten ist auch der Umgangston, der unter den Einstellern herrscht und mit dem der Kunde empfangen wird. So kann die Reaktion auf besondere Wünsche Aufschluss geben, wenn man beispielsweise eine bestimmte Menge Raufutter, regelmäßiges Ausmisten oder sonstige (eigentlich) Selbstverständlichkeiten verlangt und darauf eine ruppige Antwort erhält.

Bei aller Vorsicht und Skepsis, die sicher angebracht sind, sollte man jedoch nicht zum Fehlersucher werden. Den idealen Trainingsstall wird man nur selten finden. Wichtig ist, dass der Betrieb und seine Mitarbeiter insgesamt einen positiven Eindruck vermitteln, dann lassen sich einzelne Kritikpunkte sicher vertreten. Schließlich ist die Aufenthaltsdauer des Pferdes dort begrenzt. Beschleicht einen ein grundsätzlich schlechtes Gefühl, auch wenn gerade dieser Trainer sehr empfohlen wurde, sollte man lieber weiter suchen, bis man etwas Passendes gefunden hat – für das Wohl des Pferdes und das eigene Gewissen!

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